Kreislaufwirtschaft und Künstliche Intelligenz (KI) sind Leitthemen der FACHPACK, der europäischen Fachmesse für Verpackung, Technik und Prozesse in Nürnberg. Ohne KI sei eine Kreislaufwirtschaft kaum vorstellbar, sagt Nachhaltigkeitsexperte Volker Muche. In seinem Vortrag beim Expertenforum Packbox stellte er vielversprechende KI-unterstützte Technologien vor.
Von Experten lernen, gehört zu den Benefits eines Messebesuchs in Nürnberg. Bei der FACHPACK präsentierte u.a. Volker Muche spannende Konzepte nachhaltiger Verpackungslösungen. Sein Unternehmen, die Hamburger Verpackungsagentur pacoon, treibt seit mehr als 15 Jahren das Thema „nachhaltige Verpackungen“ an. Als Geschäftsführer der Sustainability-Concepts-Unit schult er Kunden in diesem Kontext, veranschaulicht ihnen die Auswirkungen der neuen EU-Verpackungsverordnung (PPWR) und entwickelt mit ihnen Lösungsszenarien.
Im Interview erläutert den Stellenwert der Kreislaufwirtschaft in der Nachhaltigkeitsdebatte und erklärt die besondere Bedeutung von KI in diesem Zusammenhang.
Kunststoffe allgemein und Verpackungskunststoffe im Besondern im Kreislauf zu führen ist eine Herkulesaufgabe: Fehlwürfe in den gelben Sack bzw. die gelbe Tonne, Kontaminationen in den Wertstoffströmen, nicht oder nur ungenügend nach Design4Recycling-Kriterien entwickelte Verpackungen, die Vielzahl an Kunststoffen und Additiven, permanente Eigenschaftsänderungen der Kunststoffe, die Auswirkungen bestimmter Materialparameter auf die Performance von Verarbeitungsmaschinen – das Zusammenspiel der Einflussgrößen ist extrem komplex. Mit konventionellen Methoden ist das nicht zu beherrschen, weshalb sich schon viele Akteure in der Kreislaufwirtschaft – Forschungseinrichtungen, Industrie und Startups – mit KI-Lösungen beschäftigen. Unser Vortrag bot genommen eine kleine Übersicht an, in welchen Prozessabschnitten bereits KI-Lösungen eingesetzt werden, bzw. in welchen Bereichen an KI-Lösungen gearbeitet wird.
Einen sehr hohen. Dies ist sicherlich auch dadurch begründet, dass der Green Deal der EU sich von der Kreislaufwirtschaft neben Klimazielen auch weniger Rohstoff-Abhängigkeiten von anderen Wirtschaftsregionen verspricht. Zudem erfordert eine Kreislaufwirtschaft neue innovative Technologien, die, Made in EU, in die Welt exportiert werden können.
Eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen, insbesondere auch Leichtverpackungen (LVP-Fraktion) ist hier ungleich anspruchsvoller zu realisieren, als dies für Materialien wie Glas, Papier, Weißblech der Fall ist. Das liegt nicht zuletzt daran, dass neuer fossiler Kunststoff sehr günstig ist und ein Kunststoff-Rezyklat dadurch in der Regel keinen ökonomischen Vorteil bietet. Diese Situation stellt sich bei den anderen Materialfraktionen anders dar.
Ohne KI ist eine Kreislaufwirtschaft im Sinne einer Alternative zu Neuware kaum vorstellbar. Das Kunststoffrecycling ist extrem komplex. Insbesondere, wenn das Kunststoff-Rezyklat den Einsatz von neuem Kunststoff ersetzen soll - im besten Fall sich in Kosmetik oder Lebensmittelverpackungen wiederfindet. Eine Digitalisierung der Prozesse ist Voraussetzung (Stichwort "Digitaler Produktpass") um Kunststoff-Verpackungen aus dem Dualen System den Einsatz für Verpackungsanwendungen im Lebensmittelbereich zu ermöglichen.
KI-Technologien unterstützen uns, die Komplexität beherrschen zu lernen und in zunehmenden Maßen auch fehlende Ressourcen zu kompensieren – in diesem Bereich kann KI ein "Gamechanger" sein. KI-Technologien bedeuten allerdings auch zusätzliche Investitionen z.B. in die Sortier- oder Recyclinganlagen. Vor dem Hintergrund eines ohnehin schon großen Kostendeltas zwischen Neukunststoff und Rezyklat muss der Einsatzzweck sehr genau geprüft werden.
Die Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind mittlerweile fester Bestandteil auf den Agenden aller Marktakteure. Nachhaltigkeit hat mit ganzheitlicher Betrachtung zu tun. Es sollten möglichst alle Perspektiven auf einen Sachverhalt bekannt sein, um sich dem Optimum einer Verpackung zu nähern. So stand bei vielen Messe-Ausstellern und Keynotes auch das Thema Kollaboration ganz oben im Ranking der wichtigsten Erkenntnisse. Das deckt sich mit unseren „Weisheiten“ von nachhaltigen Verpackungen, insofern freuen wir uns, dass wir das auf breiter Fläche bestätigt bekommen haben.
Vielen Dank für das Interview!
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NürnbergMesse/Thomas Geiger