

Issy Bailey (30) hat in ihrer Karriere einiges erreicht: Als britische Para-Sportschützin nahm sie an drei Paralympischen Spielen teil und wurde zu einer Botschafterin für ihren Sport. Auf der IWA OutdoorClassics 2025 in Nürnberg teilte sie nicht nur ihre Erfahrungen als Athletin, sondern auch ihre Sicht auf die Bedeutung dieses Sports für Menschen mit Behinderung.
Bailey war ursprünglich eine talentierte Hockeyspielerin, bis ein Unfall ihr Leben veränderte. Während ihrer Rehabilitation kam sie am Stoke Mandeville Hospital mit dem Schießsport in Berührung. Es war eine zufällige Begegnung, die sich als lebensverändernd herausstellte: „Ich habe den Sport ausprobiert, das Team mochte mich, und sie dachten, dass ich Talent hätte.“ Innerhalb eines Jahres war sie Mitglied des britischen Nationalteams.
Für Bailey war der Sport nicht nur ein Weg zurück in die sportliche Welt, sondern auch eine Möglichkeit, sich eine neue Identität als Leistungssportlerin aufzubauen. Das Zielschießen gab ihr eine Plattform, um sich für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung einzusetzen – sowohl im Sport als auch im Alltag.
Die IWA OutdoorClassics ist die Weltleitmesse für Jagd- und Schießsport und bietet eine Plattform für Fachleute, Hersteller und Athleten. Für Bailey ist die Messe ein neuer Erfahrungsraum: „Ich bin zum ersten Mal in Nürnberg und gespannt darauf, was ich hier entdecke.“
Obwohl sie nicht als Markenbotschafterin für einen bestimmten Hersteller auftritt, sieht sie den Wert solcher Messen für den Leistungssport: „Es geht um Innovationen, um den Austausch von Ideen und um die Weiterentwicklung von Equipment. Schießsportler suchen ständig nach Verbesserungen, da in unserem Sport Millimeter über den Sieg entscheiden können.“

Die IWA Outdoor Classics 2025 unterstrich mit 30.000 Besuchern ihre Bedeutung für die Jagd- und Schießsportindustrie.
Während viele Sportarten von körperlicher Kraft und Geschwindigkeit abhängen, ist Schießen vor allem eine mentale Herausforderung. „Schießen ist zu 75 Prozent ein psychologischer Sport“, erklärt Bailey. „Die besten Athleten sind diejenigen, die sich nicht von äußeren Einflüssen ablenken lassen – sei es durch den Druck eines Wettkampfs oder durch unvorhersehbare Bedingungen.“
Diese starke mentale Beanspruchung war für Bailey auch einer der Hauptgründe, warum sie sich nach den Paralympics 2024 in Paris aus dem Leistungssport zurückgezogen hat. „Es ist mental brutal. Die ständige Vorbereitung, der Druck, die vielen Reisen – irgendwann war es für mich an der Zeit, etwas Neues zu machen.“
Ein gutes Beispiel dafür, wie sich der Schießsport in der öffentlichen Wahrnehmung verändert, ist der türkische Schütze Yusuf Dikeç. Bei den jüngsten Olympischen Spielen sorgte er für Aufsehen, weil er seine Wettkämpfe mit einer für den Schießsport ungewöhnlichen Lässigkeit und ohne das sonst übliche Equipement bestritt: eine Hand in der Hosentasche, die andere ruhig am Abzug. „Ich denke, er hat vielen Menschen gezeigt, dass Sportschießen eine unglaubliche Präzisionsleistung ist“, sagt Bailey. „Für uns im Sport war das nichts Neues, aber für die Zuschauer war es faszinierend zu sehen, wie jemand so locker und gleichzeitig so präzise sein kann.“ Dieser virale Moment habe dazu beigetragen, den Schießsport einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und Vorurteile abzubauen.

„Schießen ist zu 75 Prozent ein psychologischer Sport“, sagt Issy Bailey.
Schießen ist eine Sportart, die in der öffentlichen Debatte oft kontrovers betrachtet wird. Für Bailey ist es wichtig, Missverständnisse auszuräumen: „Viele Menschen sehen eine Schusswaffe und denken sofort an Gewalt. Dabei geht es beim Sportschießen um Präzision, Disziplin und Kontrolle. Unsere Waffen sind speziell für den Sport entwickelt und unterliegen strengen Vorschriften.“
Gerade in Großbritannien, wo die Waffengesetze sehr restriktiv sind, ist der Zugang zu Sportwaffen stark reglementiert. „Es gibt vielleicht 30 Menschen im Land, die eine Lizenz für unsere Pistolen haben“, sagt Bailey. Dennoch sieht sie eine wachsende Akzeptanz für den Schießsport, insbesondere durch seine Inklusivität.
Eine der Besonderheiten des Schießsports ist, dass Männer und Frauen auf derselben Wettkampfebene antreten. Anders als in vielen anderen Sportarten gibt es im Parasport keine Geschlechtertrennung – alle Athleten messen sich in denselben Wettbewerben. Bailey sieht darin einen großen Fortschritt für die Gleichstellung: „Wir haben die gleichen Wettkampfbedingungen, die gleichen Regeln, und es zählt allein die Leistung.“

Auf der IWA gab Issy Bailey persönliche Einblicke in ihre Karriere.
Obwohl sie ihre Karriere als aktive Athletin beendet hat, bleibt Bailey dem Sport eng verbunden. Neben ihrem Promotionsstudium in Literatur setzt sie sich weiterhin für den Parasport ein und ist offen für neue Möglichkeiten. „Ich möchte meine Stimme nutzen, um den Parasport weiter voranzubringen und Menschen zu inspirieren, sich nicht von Herausforderungen aufhalten zu lassen.“
Ihr Besuch auf der IWA ist ein weiterer Schritt in diese Richtung – als Athletin, als Entdeckerin und als Botschafterin für eine Sportart, die Präzision, mentale Stärke und Inklusion vereint.