Rebecca Renn ist Leiterin der IWA OutdoorClassics bei der NürnbergMesse. Zum Start „ihrer“ Messe spricht sie über die emotionale Achterbahnfahrt der letzten zwei Jahre, den Herausforderungen als Führungsperson in der Krise und die große Sehnsucht der Aussteller und Besucher nach persönlicher Begegnung.
Frau Renn, wie fühlen Sie sich so kurz vor der Messe?
Die letzten zwei Jahre waren schon sehr kräftezehrend. Du brauchst natürlich ein dickes Fell, um eine Messe während Corona durchzuziehen. Für das Team und mich war es eine Achterbahnfahrt. Von der Absage 2020 zum neuen Termin 2021, dann wieder Absage und umstellen auf eine Digitalvariante, der Studio Edition. Und schließlich auf dem Weg zur IWA 2022 mit vielen digitalen Formaten bis hin zum großen persönlichen Wiedersehen zur IWA 2022 Anfang März.
Bei so viel Unwägbarkeiten und Widerständen – wie haben Sie Ihr Team motiviert, immer an das Happy End zu glauben?
Es ist immer das Beste, Entscheidungen nicht allein zu treffen, sondern das komplette Team mit an Bord zu holen, die Stimmungslage auszuloten und Empfehlungen aufzunehmen. Wenn in einer emotionalen Phase Bedenken aufkamen, habe ich als Führungskraft nachgefragt und gemeinsam haben wir eine Lösung gefunden. Dann haben wir uns auf die Fakten wie das Hygienekonzept oder die Zahl der angemeldeten Aussteller besonnen und uns wurde klar, dass wir es mit einem gewissen Ehrgeiz, Mut und Kämpferherz auch schaffen können.
Wenn man sieht, mit wieviel Herzblut das Team dran ist, dann wäre eine Absage schon eine herbe Enttäuschung gewesen.
Was war rückblickend für Sie die größte Herausforderung?
Die komplett neue Situation, die ich so noch nicht erlebt habe in meinem Berufsleben. Das Gefühl, quasi als „Last Woman Standing“ im Frühjahr nie die Gewissheit zu haben, dass der Kurs, den ich vorgebe, am Ende auch erfolgreich ist. Wenn man sieht, mit wieviel Herzblut das Team dran ist, dann wäre eine neuerliche Absage schon eine herbe Enttäuschung gewesen. Am Ende war es eine Unternehmensentscheidung, zu sagen „Wir wollen wieder Messen machen“. Die NürnbergMesse ist ja genau dafür bekannt: für das Durchführen von Messen vor Ort. Das war auch immer unser Treiber, unseren Teil beizutragen, damit die IWA zum Booster für das ganze Unternehmen wird.
Gab es einen Punkt, an dem Sie gezweifelt haben, ob Sie noch auf dem richtigen Weg sind?
Als die Infektionszahlen sehr hoch waren und wir in einer kurzen Zeitspanne fast nur Stornos von großen Ausstellern erhielten, habe ich kurz einmal gedacht, „das Ding rutscht weg“. Da musste ich zwei, drei Tage in mich gehen, einen kühlen Kopf bewahren – und mit dem Willen, „meine“ Messe unbedingt durchführen zu wollen, ging es weiter.
Wer war in dieser fordernden Zeit Ihr Sparringpartner, wo haben Sie sich Rat geholt?
Auf der einen Seite beim Team. Eine Lehre aus der Absage 2020 war für mich, noch mehr auf das Team zu hören. Denn die Kolleginnen und Kollegen sitzen an der Hotline, überwachen die E-Mail-Accounts und bekommen ein gutes Gefühl dafür, wenn die Fragen kritischer oder häufiger werden. Ich bezeichne sie immer gerne als unser Frühwarnsystem. Auf der anderen Seite gab es natürlich das Marketing-Team. Die sind ganz nah am Besucher, sitzen mit Journalisten zusammen – da ist der Austausch immer sehr fruchtbar.
Das Schöne an so einem komplett involvierten Team mit ganz viel Herzblut ist ja, auch mal sagen zu dürfen, dass man mal einen Durchhänger hat. Und das hat in dieser Zeit auch mir als Führungskraft enorm geholfen, das auch mal offen ansprechen zu können und nicht immer stark sein und über allem stehen zu müssen.
Nun findet die IWA als Startschuss in das Messejahr statt. Was wird dieses Mal anders sein?
Es wird so ziemlich alles anders sein. Mit den veränderten Zahlen sind wir immer sehr offen umgegangen, haben von Anfang an ehrlich und direkt kommuniziert. Neu geschaffene Bereiche werden erstmals bei der Messe real getestet. Was vor allem anders sein wird, ist aber der Fokus der Aussteller und Besucher. Der lag vor Corona auf Inspiration, das Entdecken neuer Ansätze und Produkte. Jetzt ist es so: Auf der einen Seite ist es für viele Händler ein Wiedersehen nach langer Zeit. Andererseits könnte die IWA 2022 für kleine und mittelgroße Unternehmen sehr gut werden, weil sie eine ganz andere Aufmerksamkeit bekommen, da ein paar große Aussteller diesmal nicht mit an Bord sind.
Wenn Sie einen Ausblick wagen wollen – wie sieht die Messe der Zukunft aus?
Das Vor-Ort-Sein, das Reisen und das Bereitsein, einfache oder schnelle Entscheidungen zu treffen, ist noch nicht wieder selbstverständlich. Da werden wir noch ein Jahr brauchen, um uns von der Pandemie zu erholen. Wenn wir dann wieder „back on track“ sind, wird die „Eventisierung“ von Messen voranschreiten. Spiel und Begeisterung statt Riesenstände. Der Besucher im Fokus, dem jedes Jahr etwas anderes geboten wird, damit er mit starken Eindrücken nach Hause geht. Nicht zu unterschätzen ist auch das persönliche Netzwerken, das Pflegen der Business-Kontakte auf eine ganz besondere Art, bei der Geschichten geschrieben werden.