Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen anlässlich der Keynote zur Eröffnung BIOFACH und VIVANESS 2019.
Der Arzt, Komiker und Autor Dr. Eckart von Hirschhausen hat 2019 das Messe-Duo BIOFACH und VIVANESS mit seiner Keynote vor begeisterten 800 Gästen eröffnet. Er hat dabei genau die Themen angesprochen, die die Branche bewegen: Ökologie, Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Gesundheit im ganzheitlichen Sinne. Humorvoll und mit Augenzwinkern ebenso wie mit Ernst und Engagement. Generell verbindet Dr. Eckart von Hirschhausen die Themen Gesundheit und Humor – nicht zuletzt mit seiner Stiftung "HUMOR HILFT HEILEN“. Dem Magazin der NürnbergMesse gab Dr. Eckart von Hirschhausen im Umfeld der BIOFACH ein Interview.
Herr von Hirschhausen, was bringt jemanden wie Sie, der mit seinem Humor andere zum Lachen bringt, selbst zum Lachen?
Ich bin ein sehr großer Loriot-Fan, mein großes Vorbild durfte ich auch noch persönlich kennenlernen. Und ich mag komische Gedichte und Lieder, von Morgenstern, Ringelnatz, Tucholsky bis zu Gernhardt, Sebastian Krämer oder Bodo Wartke. Aber worüber für mich nichts geht, ist der Humor von Kindern. Für die CD "Ist das ein Witz? Kommt ein Kind zum Arzt“ haben wir neben Witzen auch Sprüche gesammelt, die Kinder einfach so heraushauen, von Wortneuschöpfungen bis zu tiefer Erkenntnis, wie der Satz eines 6jährigen, den ich einfach großartig finde: "Man kann nie wieder etwas verlieren, wenn man weiß, wo IRGENDWO ist.“
Gesundheit: Die Herausforderung mit unserem Körper, so wie er ist, Lebensfreude zu haben
Und was heißt für Sie persönlich „gesund“?
Gesundheit ist für mich nicht die Abwesenheit von Krankheit, sondern die Herausforderung mit unserem Körper, so wie er ist, Lebensfreude zu haben. In diesem Sinne möchte ich dazu beitragen, dass alle Menschen die Chance auf ein gesundes und erfülltes Leben haben. Fakt ist heute schon, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland 10 Jahre kürzer leben. Deshalb engagiere ich mich vor und hinter den Kulissen für Gesundheitskompetenz. Wir könnten allen bereits im Kindergarten und der Schule die wichtigsten Spielregeln für unseren Körper beibringen: Nicht rauchen, bewegen, Gemüse, erwachsen werden und Kind bleiben. Das macht 15 Jahre der Lebenserwartung aus. Wie man das im Alltag umsetzt, versuche ich auf den verschiedenen Kanälen zu vermitteln: Vorträge, Fernsehen, Bücher, Bühnenshows, einer eigenen Zeitschrift "Hirschhausen Gesund Leben“ und jetzt im Dialog mit Ihnen!
Die Bio-Branche fasst den Begriff Gesundheit weit und sagt, das „System Bio“ ist in seiner Ganzheitlichkeit „gesund“. Vom Anbau über die Wirtschaftsweise bis zu Ernährungsstilen…Wie sehen Sie das?
Wir essen viel zu viel Fleisch. Das tut uns nicht gut. Und auch nicht den Kreaturen, die zufälligerweise unter uns in der Nahrungskette stehen. Und vor allem: Was wir durch die Produktion anrichten, sehen wir ja im Supermarkt nie. Angenommen, wir müssten zu jedem Kilo Fleisch, das wir kaufen obligatorisch die 10 Liter Gülle, die damit verbunden sind, immer mit kaufen und uns selber um die Entsorgung kümmern. Wir würden automatisch wissen: Fleisch braucht es nicht jeden Tag.
Humor hilft heilen!
Humor und Gesundheit – ein perfektes Paar, das unbedingt zusammengehört?
Auf jeden Fall. Mit humorvoller Wissensvermittlung kommt man viel weiter als mit Drohungen. Ein gutes Beispiel ist das Rauchen. Es gibt keinen Raucher, der nicht wüsste, dass das nicht besonders gesund ist. Doch das hindert sie offensichtlich nicht daran, es dennoch zu tun. Studien zeigen, dass für Jugendliche das Rauchen umso attraktiver ist, je mehr man über die Gefahren des Rauchens redet. Warum ist das so? Ein Jugendlicher möchte seine Stärke beweisen. Wenn man ihm dann sagt, da ist etwas total Gefährliches, dann kann er ja beweisen, dass das ihm nichts ausmacht. Das ist dann so eine Art Mutprobe. Besser ist es, den Jugendlichen zu erzählen, dass die Zigarettenindustrie bereits vor 50 Jahren versucht hat, mit bestimmten Inhaltsstoffen junge Menschen gezielt süchtig zu machen. Dann packt man den Jugendlichen bei seiner Ehre, der sich da nicht manipulieren lassen möchte und stolz Zigaretten ablehnt mit dem Satz: Ich lass mich doch nicht verarschen.
Mit Ihrer Stiftung HUMOR HILFT HEILEN möchten Sie „das Humane in der Humanmedizin und Pflege stärken“. Was ist Ihr wichtigstes Anliegen und mit welchen Projekten fördern sie diese Anliegen?
Wir spannen einen großen Bogen von Musiktherapie bei Frühchen bis zu Humorvisiten auf der Palliativstation und Pflegeheimen. Wir fördern alles, was der Seele guttut, und die Kasse nicht zahlt. Ein großer Schwerpunkt sind inzwischen Forschungsprojekte und Workshops für Pflegekräfte. Diese zentrale Gruppe im Gesundheitswesen steht unter enormen Druck. Deshalb setzen wir uns im Großen für andere politische Rahmenbedingungen auf dem Deutschen Pflegetag ein, und im Kleinen bringen wir unsere Trainer in Pflegeschulen, damit die Themen "Resilienz, Achtsamkeit und Selbstfürsorge“ gleich zu Beginn ganz praktisch erfahrbar werden. Das Ganze wird auch wissenschaftlich begleitet, so dass Inhalte der positiven Psychologie hoffentlich bald auch Teil der regulären Ausbildung werden.
Sie haben mit Ihrer Key-note am 13. Februar 2019 die beiden Messen BIOFACH und VIVANESS eröffnet und die rund 800 Gäste begeistert! Gibt es eine Kernaussage, welche Botschaft haben Sie an die Bio-Bewegung?
Kommt raus aus Eurer Nische! Und werdet politischer! Es reicht nicht, eine kleine "bewusste“ Elite mit eingeflogenen Biomangos zu versorgen, das ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Da ist jeder regionale Apfel besser. Wenn wir bald 10 Milliarden Menschen in Würde auf diesem Planeten ernähren wollen, ohne dass wir uns alle beim Kampf um Wasser, Ackerfläche und Regionen mit erträglicher Außentemperatur die Köpfe einschlagen, braucht es ein radikales Umdenken in Mobilität und Landwirtschaft. Solange ein Drittel der erzeugten Nahrungsmittel weggeworfen werden, und gleichzeitig Menschen hungern, braucht es andere „Innovationen“ als neue Müslimischungen mit "Superfood“.
Wenn wir bald 10 Milliarden Menschen in Würde auf diesem Planeten ernähren wollen, braucht es ein radikales Umdenken in Mobilität und Landwirtschaft.
Sie haben als Ernährungsweise das Intervallfasten für sich entdeckt – zum Schluss noch zwei persönliche Ernährungsfragen: Dr. Eckart von Hirschhausen beim Einkauf – wie wichtig sind Ihnen Faktoren wie Bio, Ökologie und Produktionsbedingungen der Lebensmittel, die Sie in den Einkaufskorb legen?
Klar ist das wichtig, aber gleichzeitig nervt mich das Ideologische der Szene, die sich lange darüber streiten kann: Was ist gesünder, drei Vierkornbrötchen oder vier Dreikornbrötchen.
…und welches ist Ihr „Feel-Good-Food?“, das Ihnen ein Lachen ins Gesicht zaubert?
Sie sollten mich nie mit einer Tafel Marzipan-Schokolade alleine in einem Raum lassen, da kann ich für nichts mehr garantieren!
Herr von Hirschhausen, herzlichen Dank für das Gespräch!
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